Wir müssen in den ‚War for Talents‘ um qualifizierte Fachkräfte ziehen, aber wir rüsten noch nicht einmal dafür auf!

Der Fachkräftemangel war schon sichtbar, bevor Brexit und globale Handelsdispute aktuell die Prognose für die Wirtschaft schmälerten, nach wie vor ist seine Behebung aber eine erfolgversprechende Maßnahme, um nachhaltiges Wachstum für die Zukunft zu sichern. Im Dezember 2018 hat das Bundeskabinett darum (endlich) einen Entwurf für ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) beschlossen. Nicht nur Hochqualifizierten, sondern auch Menschen mit anerkannter Berufsausbildung soll die Aufnahme in Deutschland erleichtert werden. In einer kurzen Wachphase präsentierten Arbeits-, Wirtschafts- und Innenministerium den Referentenentwurf, das war vor Weihnachten. Nun ist Ostern 2019 – und nichts passiert.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) ist mit seinen eigenen Ideen nahe dran, den Fachkräftemangel effektiv zu mindern, aber der Gesetzentwurf trägt nicht wesentlich seine Handschrift. Der ursprüngliche Gedanke, ein bewährtes Punktesystem wie etwa in Kanada zu etablieren, wurde von Hardlinern durch zu erfüllende Mindestkriterien ersetzt. Zu den Hardlinern zählt, wenig überraschend, Innenminister Horst Seehofer. Der Gesetzentwurf wurde bisher nicht im Bundestag debattiert, weil die Union erst eine Einigung über Maßnahmen für eine bessere Durchsetzung der Ausreisepflicht erreichen will. Ich frage mich und vor allem Horst Seehofer, warum das Abschiebegesetz für Geflüchtete erste Priorität vor einer stabilisierenden Regelung der Migration von qualifizierten Fachkräften hat? Mit seinen ungebührlichen Äußerungen über den Islam und Migranten hielt Seehofer schon vor der Sommerpause 2018 Fortschritte zu beiden Gesetzesdebatten auf, ein Spalter statt Gestalter.

Wir müssen schnellstmöglich in den weltweiten ‚War for Talents‘ ziehen. Doch wir rüsten uns noch nicht einmal für ihn. Das, was im FEG steht, ist zwar praxisfern und stellt überzogene Forderungen an die Kandidaten, aber es wäre zumindest der Anfang, einen Weg für die Zuwanderung von Nicht-Akademikern zu ebnen. Gerade der Mittelstand erwartet dringend verbindliche Zusagen für Unterstützung in diversen Belangen, aber auch die bleiben aus. Beim Jahresempfang des Bundesverbands der mittelständischen Wirtschaft BVMW verkündete Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) noch: „Die Stärke der deutschen Wirtschaft ist der Mittelstand!“ Im Anschluss konzentrierte er sich allerdings auf seine ‚Nationale Industriestrategie 2030‘, weshalb mittelständische Unternehmer ihn mittlerweile als ‚Totalausfall‘ bezeichnen.

Die politische Führung dieses Landes hinkt gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen nicht nur hinterher, sie betreibt auch noch lediglich kriechend die Schadensbegrenzung. So könnte es auch mit dem War for Talents ausgehen. Es kann nicht sein, dass sich die politische Führung dieses Themas nicht annimmt und es dermaßen verschleppt. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz sollte zum 1. Januar 2020 wirksam werden. Handeln statt Reden, denn Bewerber aus dem Ausland brauchen eine verlässliche Rechtsgrundlage, bevor sie sich entscheiden, in diesem Land Steuern zu zahlen.

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WAR FOR TALENTS
Bernd Wenske: „Wir müssen in den War for Talents um qualifizierte Fachkräfte ziehen, aber wir rüsten noch nicht einmal dafür auf!“

Ver-ändern statt ver-hindern mit einem wirksamen Fachkräfteeinwanderungsgesetz